Nicht dem Leben mehr Tage, sondern den Tagen mehr Leben geben“ ist das Leitbild der Palliativ-Station in der Kreisklinik Bad Reichenhall. 14 Firmlinge aus Anger, Aufham und Piding besuchten diese nun im Rahmen eines „Firmpraktikums“, begleitet von Gemeindereferentin Marianne Aicher.

   Im „Raum der Stille“ stimmten sich die Firmlinge auf die Atmosphäre in dieser Station ein. Die Jugendlichen ließen sich in Stille Zeit, um ihre Assoziationen zum Namen „Palliativstation“ und ihre Motivation für dieses Projekt aufzuschreiben. Drei Firmlinge hatten einen persönlichen Bezug, weil ihr Opa hier gestorben ist beziehungsweise ihr Vater hier arbeitet. „Weil man sich, je älter man wird, desto mehr mit dem Tod beschäftigen muss“, begründete ein Mädchen seine Projektwahl.

   Viele wichtige Aspekte dieser Station wurden von den Jugendlichen dann im Austausch genannt: Es gehe darum, dass hier Menschen mit schweren, unheilbaren Krankheiten menschenwürdig sterben können, Verständnis und Ermutigung finden, intensiver betreut werden als auf „normalen“ Stationen und von ihren Angehörigen in Ruhe Abschied nehmen können. „Dass ihnen der Schluss so schön wie möglich gemacht wird“, formulierte es ein Mädchen. „Hier haben die Menschen keine Geheimnisse voreinander“, vermutete ein Bub.

   Bewegt zeigten sich die Jugendlichen, als sie Eintragungen von Patienten im Gästebuch vorlasen, zum Beispiel diese Verse auf Bayerisch: „So gern hätt i no Zeit zum Leben, so gern mecht i no dableibn und leben. So gern jeden Tag durch d' Au geh. Vielleicht geh i no oft, doch i woaß net.“

   Im Gespräch mit dem Leiter Dr. Christian Stöberl erfuhr die Gruppe im Konferenzraum mehr über den Alltag in dieser Station. „Palliativ“ komme vom Lateinischen „Pallium“, Mantel. Wie mit einem Mantel sollten die Menschen hier umhüllt sein. „Was bedeutet für Euch Lebensqualität?“, fragte Dr. Stöberl in die Runde. Begriffe wie wertgeschätzt sein und „dass es einem gut geht“ fielen. Lebensqualität sei etwas ganz Individuelles, betonte der Arzt. Wichtig sei, weitgehend frei von Beschwerden wie Angst, Traurigkeit, Schmerzen, bleierne Müdigkeit oder Übelkeit zu sein.

   Um mehr Lebensqualität für die Palliativ-Patienten bemühe sich die Station auch durch praktische Hilfen, die den Menschen Autonomie und Würde geben: zum Beispiel, wie sie am besten den Löffel in die Hand nehmen und wie sie sich selber kräftesparend waschen können. Der größte Wunsch eines bestimmten Mannes auf der Station sei es gewesen, wieder selber gehen zu können. Hier helfe eine Krankengymnastin. Bei Fragen wie „Wie geht es nach dem Tod weiter, was bleibt von mir?“ oder auch bei der Sakramentenspendung seien Seelsorger die richtigen Ansprechpartner..

   Auch Sozialdienstmitarbeiter verkehrten in der Station, um zum Beispiel einen Rollstuhl oder Toilettenstuhl für die Zeit nach der Rückkehr nach Hause zu organisieren. „50 Prozent der hier betreuten Patienten gehen nach Hause oder in ein anderes Umfeld, zum Beispiel ein Hospiz oder eine Pflegeeinrichtung“, erläuterte Dr. Stöberl. Wohltuende Schwingungen von Klangschalen der Musiktherapeutin, anregende oder beruhigende Düfte, Hospizbegleiter als Gesprächspartner oder das Eingehen auf kulinarische Wünsche unterstützen die Menschen zusätzlich.

   „Es ist eine sehr freudige Station. Hier wird auch gefeiert und gelacht“, widerlegte der Stationsleiter die Vermutung, hier gehe es immer traurig zu. Sogar eine Taufe und zwei Hochzeiten seien schon auf der derzeit sechs Betten – vier Einzelzimmer und ein Doppelzimmer – umfassenden Station gefeiert worden. Jeder unheilbar kranke Patient mit starken Einschnitten in der Lebensqualität, beispielsweise Tumor- oder Schlaganfall-Patienten, könne hierher kommen.

     Eine Frage war, ob auch Kinder zu Besuch kommen können. Dr. Stöberl befürwortete dies klar. Für minderjährige Patienten gebe es eine eigene Kinder- und Jugendpalliativstation in Großhadern. Der jüngste Patient hier sei Anfang 20 gewesen. Krankenhausseelsorgerin Christine Schmid-Friedl, die später in der Kapelle von ihrer Arbeit erzählte, berichtete von maskierten Kindern im Fasching, die hier viel Freude verbreitet hätten. Jeder Firmling hatte eine Blume mitgebracht, und die Blumen wurden symbolisch einer Patientin in einem Krankenzimmer geschenkt.

 

Fotos, Bericht: V. Mergenthal