Am vergangenen Donnerstag waren alle Gläubigen in die Pfarrkirche Piding zum Bußgottesdienst eingeladen. Am Eingang erhielt jeder ein kleines Stück Stacheldraht, auch im Altarraum waren zwei große Rollen Stacheldraht aufgebaut.
Der Leiter des Arbeitskreises Liturgie, Karl Wimberger, begrüßte die Anwesenden, bevor Ulli Traxl in das Thema des Abends einführte und die Bibellesung vortrug: Eine Ehebrecherin, auf frischer Tat ertappt, soll gemäß dem Gesetz des Mose gesteinigt werden, doch Jesus sagt zu den Schriftgelehrten und den Pharisäern: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.“ Alle gehen fort, zuerst die Ältesten. Auch Jesus verurteilt die Frau nicht.
Die anschließende Gewissenserforschung gliederte sich in drei Teile. Statements und Impulsfragen wurden im Wechsel von Judith Stöberl und Hildegard Schütz-Popp gelesen.
Stacheldraht markiert eine Grenze, eine Barriere, kann bedeuten, dass ich meine Mitmenschen nicht an mich heranlasse, niemand an meinen Gütern teilhaben lasse, kann auch als Barriere zwischen mir und Gott errichtet werden. – Respektiere ich die Grenzen anderer? Wie lasse ich Gott in mein Leben herein?
Stacheldraht verletzt, wenn ich mit dem Finger darauf drücke, spüre ich sofort den Schmerz, meine Worte und sogar Ungesagtes, Verschwiegenes können verletzen wie ein Stück Stacheldraht, rostiger Stacheldraht kann mein und das Blut anderer vergiften. – Schaue ich auf meine körperliche und seelische Gesundheit? Gibt es Worte und Taten, durch die ich meine Mitmenschen verletze?
Stacheldraht ist hässlich, trennt Kriegsparteien wie Russland und die Ukraine, war grausame Barriere in Konzentrationslagern, hält Menschen in Gefängnissen fest. – Wo setze ich unnötige, hässliche Grenzen? Wo stelle ich mich gegen Gott und zerstöre seine Schöpfung?
Mit dem Schuldbekenntnis, der Vergebungsbitte und einem Segensgebet schloss Karl Wimberger den Bußgottesdienst ab.
Die musikalische Umrahmung lag in den Händen von Christian Stöberl und seiner Tochter Katharina. Ein Solo für Altflöte oder E-Piano kam ebenso zu Gehör wie ein Stück für 2 Klarinetten und Volksgesang. Innig gespielte, ruhige Melodien bildeten einen wohltuenden Kontrapunkt zu den „dornigen“ Texten und schufen Gelegenheit zu innerer Einkehr und Besinnung.