Liebe Schwestern und Brüder, ich begrüße Sie, Euch alle zur Eucharistiefeier an diesem Samstagabend.


Der Paukenschlag der Nachricht, dass unser Erzbischof Kardinal Marx seinen Rücktritt beim Papst Franziskus erbat, hat Sie alle bestimmt erreicht. Das ist ein historischer Moment in unserer Erzdiözese, über den man nicht so einfach hinwegsehen kann.

Dieses Ereignis nimmt einen mit, erschüttert, verwundert, mach vielleicht traurig und stellt in Frage.

Zu diesem Ereignis lädt der Generalvikar ein, dass wir in den Gottesdiensten und persönlich für unsere Kirche und für unseren Kardinal beten. Das wollen wir besonders in der Eucharistiefeier miteinander nun auch tun.

Liebe Schwestern und Brüder,

jede Person, die mit der Kirche fühlt, hat die gestrige Nachricht der Amtsverzicht-Bitte unseres Kardinals mitgenommen. Ich glaube, dass jeder, der dem Erzbistum, der Kirche angehört, ein Gefühl des Wehmuts, der Unverständnisses, der Trauer, der Verwirrung gehabt hat, beim Hören: der Kardinal tritt zurück.

Mein eigener erster Gedanke beim Lesen dieser Nachricht war, ja, wie jetzt, wenn wir alle nun die Leitungspositionen, die Seelsorgestellen verlassen würden, was wird damit erreicht, wer hat, was davon? Mir hat es ein Stück weit geholfen, den Brief unseres Kardinals im Wortlaut selbst zu lesen.

Was unseren Kardinal zum Rücktritt bewegt hat, das wird in der Mass-Media kommentiert und Auszüge aus seinem Brief werden dort zitiert. Ich erachte es für richtig und wichtig mal, den originalen Wortlaut des Briefes anzuhören, um sich eine Meinung bilden zu können und um die Absicht des Kardinals eventuell besser zu verstehen. So möchte ich Ihnen heute seinen Brief an den Heiligen Vater vortragen.

Vortragen des Briefes

Liebe Schwestern und Brüder,

Fragen über Fragen tummelten sich in meinem Kopf auch nach dem Lesen dieses Briefes. Wenn der Kardinal geht, kommt jemanden, der es besser als er machen kann? Räumt er die Leitungsstelle, weil er nicht mehr fähig wäre?

Bezüglich der persönlichen Fehler, ist es immer die beste Lösung, wegzutreten? Nimmt man tatsächlich Verantwortung erst wenn man weggeht? Ist es eher nicht umgekehrt, dass man da bleiben muss, um die Missbrauchsfälle besser aufzuarbeiten, den Opfern beizustehen und einen besseren Schutzkonzept herzustellen?

Auf der anderen Seite, ist vielleicht einen solchen Rücktritt, das stark gesetzte Zeichen, dass es sich etwas Wesentliches in der Struktur der Institution Kirche ändern muss. Ich nenne es konkret: Viri Probati, Gestandene, Erprobte Männer, zum Sakrament der Priesterweihe zuzulassen und die Zölibat-Bedingung dafür zu lösen. Das würde auch andere aktuell umstrittene Themen in der Kirchenlandschaft lösen.

Was dieser Akt des Rücktritts unsres Kardinals bewirken wird und ob es etwas bewirken wird, wird es sich zeigen.

An sich allein ist dieser Akt ein großes Fragezeichen, wie es mit unserer Kirche weitergeht. Der Satz des Kardinals in seinem Brief: im Vordergrund soll nicht um das Amt gehen, sondern um den Auftrag des Evangeliums, spricht für sich. Wenn einem jeden von uns, dieses Evangelium Jesu, ein Stück Hoffnung und Zuversicht, innere Freiheit und Freude in traurigen, schwierigen Momenten gebracht hat, dann verstehen wir vielleicht was der Kardinal damit meint.

Wenn wir verstanden haben, dass das Evangelium Jesu das großes Licht zur Orientierung und Gestaltung des eigenen Lebens in einer Welt ist, in der auch böse Mächte am Werk sind, die uns Knechten wollen, dann können wir nicht anders, als an den Glauben und an diese Kirche halten, die noch nicht reif ist und reformbedürftig ist. Die aber immer noch als einzige, das Evangelium Christi in seiner Ganzheit verkündet.

Es zeigt sich, dass es immer noch im Kern darum geht, dass wir als Kirche in erster Linie beten sollen und zwar aufrichtig, aus ganzem Herzen, nicht nur Lippenbekenntnisse, sondern aus tiefstem Vertrauen zu Gott, der sich derer annimmt, die ihm mit Demut und Vertrauen nahen.

In diesem Sinn lasst uns die Fürbitten nun halten.