Pfarrkirche Piding
Maria – „Pforte des Himmels“
Patrozinium Mariae Geburt (8. Sept.)
Schon beim Betreten der äußerlich schlichten Kirche Maria Geburt über den südliche Seiteneingang zeigt einem die Architektur des prachtvollen spätgotischen Portals aus Adneter Marmor in der Vorhalle, einer Salzburger Steinmetzarbeit aus der Zeit um 1510: Man betritt hier einen besonderen Raum - das Haus Gottes -, wie eine „Pforte des Himmels“ bereitet einen das Portal darauf vor.
Auch die Fragmente eines Stifterbildnisses aus dem 17. Jahrhundert, in der Vorhalle neben der Sakristeitür, die einen Stifter mit Frau und Töchtern zeigen, weisen darauf hin: dies ist ein Ort des Gebetes. Dementsprechend ist auch die kleine Marienkapelle neben der Vorhalle als Ort der Fürbitte und des Gebetes mit Kerzenbank vor einem Marienbild des 18. Jahrhundert gestaltet.
Das Portal des barockisierten Baus ist letztes Ausstattungsstück der gotischen Baugestaltung. Der Kirchenbau hat eine lange Geschichte: Sie reicht zurück in die Anfänge der Christianisierung im südostdeutschen Raum. Man darf annehmen, dass die Liebfrauenkirche Piding die erste Seelsorgekirche des hl. Rupert von Salzburg in seinem abgesonderten Seelsorgbezirk Hall (Reichenhall) war, d.h. ein erster Kirchenbau ist für den Beginn des 8. Jahrhunderts anzunehmen. Zwei hervorragende Bildwerke zeugen neben dem Portal von der Qualität der spätmittelalterlichen Ausstattung: Zum einen ein spätgotisches Tafelbild mit der Darstellung der Maria im Ährenkleid (um 1460), hervorragendes Werk der Salzburger Malerei, das einst als Mittelbild des Hochaltares diente und sich heute im Bayerischen Nationalmuseum in München befindet. Zum anderen das Tafelgemälde „Christus als Schmerzensmann“ (182,5 x 116 cm), ein anrührendes Hauptwerk von Rueland Frueauf d. Ä. (um 1440-1507), bedeutendster Meister der älteren Salzburger Malerschule; es bildete die Rückwand des gotischen Hochaltares und befindet sich heute in der Alten Pinakothek in München. Die Bilder des gotischen Altarschreins wurden bis 1939 im Dachstuhl der Kirche aufbewahrt und dann vom damaligen Pfarrer verkauft, um eine Kirchenrenovierung zu finanzieren.
Der die heutige Erscheinung der Kirche bestimmende Umbau erfolgte unter Propst Augustin Eslinger von Kloster Höglwörth; unter diesem wurde das Kirchengewölbe zu Piding als verputzte Holzkonstruktion neu erbaut und der übrige Teil der schadhaften Kirche repariert. Als die Kirche ausgebaut war, wurde sie am 4. April 1761 vom Salzburger Erzbischof Sigmund Christoph eingeweiht. Bis zum Jahr 1818 stellte das Kloster Höglwörth die Seelsorge, dann wurde Piding Expositur und Vikariat und erst 1893 Pfarrei. 1868 wurde die Kirche nach Westen um ein Joch vergrößert und der Spitzturm errichtet.
Von den weltlichen Herren Pidings, den Pflegverwaltern und Richtern im Dienste Salzburgs, die auf Schloss Staufeneck residierten, zeugen einige barocke Grabsteine. Sie waren ursprünglich in der südlichen Vorhalle in den Boden eingelassen und fanden bei der Kirchenrenovierung 1982 einen würdigen Platz neben dem Hochalter und in der Vorhalle.
Der Kirchenraum ist ein einfacher, rechtwinkliger Saalraum mit dreiseitig geschlossenem Chor. Flache Wandpilaster zwischen großen Fenstern gliedern seine Wände. Von ihnen greifen Gurtbogen auf die verputzte, hölzerne Korbbogentonne der Wölbung über. Dadurch wird der Raum umgreifend architektonisch gegliedert, wie dies fast ausnahmslos bei den österreichischen Kirchen der Fall ist. In Bayern wurden dagegen im 18. Jh. meistens die Gewölbe durch ein großes Freskogemälde optisch geöffnet. Die Klarheit der mit einem Blick überschaubaren Raumanlage weist bereits auf die Kirchenbauten des Klassizismus voraus. Das Gewölbe ist mit zartem Stuck in flachen Rocailleformen versehen. Seine Motive stimmen mit den Stukkaturen des Wessobrunner Meisters Tassilo Zöpf überein. Durch diesen Stuck erhält der Kirchenraum eine bayerische Prägung. Emblematische Zeichen mit dem Herzen Mariae und dem Auge Gottes nehmen die Mittelfelder ein. Am Chorbogen die Wappen des Erbauers, des Propstes von Höglwörth. Die Empore der Kirche wurde 1959 erneuert, ihr Stuck mit den Symbolen der Eucharistie übernommen.
Die Ausstattung der Kirche stammt aus der Zeit des barocken Baus. Im Mittelpunkt steht die Gottesmutter Maria, die Patronin der Kirche, deren Patrozinium, „Maria Geburt“, am 8. September gefeiert wird:
Eine Madonna mit dem Jesuskind aus dem späten 19. Jh. bildet das Zentrum des spätbarocken Hochaltars aus der Zeit um 1760. Wie eine „Himmelspforte“ ist die Altararchitektur angeordnet: Maria ist als Fürsprecherin und als Vorbild der Glaubenden „Pforte des Himmels“ – durch den Glauben kommt der Mensch zu Gott. Umrahmt werden Maria und das Kind von anbetenden Engeln, die einen Vorhang gleichsam zum Blick in den Himmel öffnen, und zwei Säulenpaaren.
Zwischen den Säulen steht links die Figur des hl. Augustinus (28. August) , zunächst Glaubenssucher, dann großer Theologe, um 400 Bischof in Nordafrika, Kirchenvater und Ordensheiliger der Augustiner Chorherren, deren Kloster in Höglwörth bis 1818 die Seelsorge in Piding leistete. In der Hand hält der hl. Augustinus ein Herz, was auf die Stelle aus seinen „Bekenntnissen“ zurückgeht: „Du hast unser Herz mit deiner Liebe getroffen.“ Mit dem Ausspruch: „Liebe und tue was du willst“, fasst Augustinus die ganze Ethik des Christentums zusammen.
Zwischen dem rechten Säulenpaar ist der hl. Johannes Nepumuk (16. Mai) dargestellt, der in Prag 1393 auf Befehl des Königs in die Moldau gestoßen wurde, weil er sich für die Benachteiligten einsetzte und nicht verraten wollte, was die Königin ihm in der Beichte anvertraut hatte. Er ist Schutzpatron der Beichtväter, der Brücken und gegen Überschwemmungen. Die Saalach in Piding trat oft über ihre Ufer – sicher der Grund, weshalb dieser Heilige an so herausgehobener Stelle auf dem Hochaltar verehrt wird.
Im Altaraufsatz die Figur Gottvaters mit der Weltkugel, wie sie im Barock in ganz Süddeutschland üblich war. Für die Rokoko?Altarausstattung ist kein Künstlername überliefert. Sie kann dem Pidinger "Tischlermeister" Dominikus Plasisganik zugeschrieben werden. Der große Tabernakel des Hochaltares stammt von 1936.
Der linke Seitenaltar zeigt den Beginn der bedeutenden Rolle Mariens für Jesu Heilswirken: die Verkündigung der Geburt Jesu an Maria – das Jesuskind kommt bildlich mit dem ‚Kreuz’ als Leidens- und Erlösungszeichen auf Maria herunter. Umgeben ist diese Darstellung von Medaillons, die die lobpreisenden Aussagen der „lauretanischen Litanei“ über Maria zeigen – u.a. „Pforte des Himmels“. Das Bild wurde als modernes Gegenstück für den rechten Seitenaltar gegenüber 1959 von Georg Gschwendtner, Karlstein bei Bad Reichenhall, gemalt. Rechts und links vor dem Altar finden sich Figuren hl. Franziskaner: der Ordensgründer Franziskus von Assisi (1182-1226) und Antonius von Padua (1195-1231, gemäß einer Legende mit dem Jesuskind auf dem Arm: die Bettelmönche, die Gottes Schöpfung besonders lobten werden besonders für ihre selbstlose Nachfolge Jesu und ihren Einsatz für die Armen gepriesen.
Der rechte Seitenaltar zeigt ein Rosenkranzbild mit der Darstellung der 15 klassischen Rosenkranzgeheimnisse in verschiedenfarbigen Medaillons, welche die Figur Mariens umrahmen: die freudenreichen, die glorreichen und die schmerzhaften Geheimnisse aus dem Leben Jesu. Zu Seiten der Jungfrau knieen der hl. Dominikus (1170-1220) und die hl. Katharina von Siena (1347-1380), denen gemäß einer Vision des Dominikanermönches Alanus de Rupe aus dem Jahre 1464 von Maria der Rosenkranz übergeben wurde. Das Gemälde trägt unten die Inschrift "Gott dem Allmächtigen und seiner Hochgelobten Mutter der H. Junckfrau Maria auch deß Rosenkranz Patronin zu Ehren, hat Michael Copeindl der Zeit Hochfürstl. Salzb. Pflegsverwalter zu Plain und Stauffenegg und Sidonia Catharina geborne Pflautzmann sein Eheweib diese Tafel anhero verordnet im 1670 Jahre." Rechts und links der Inschrift sind der Stifter, der Salzburger Pflegverwalter auf Burg Staufeneck und seine Gattin abgebildet. Den Seitenaltar umrahmen die Holzskulpturen der hl. Notburga aus Rattenberg, fromme Dienstbotin in Tirol (1265-1313) und von Isidor dem Bauern (12. Jh.), vorbildlicher Gläubiger bei Madrid: Sie verweisen als Patrone der Dienstboten und Bauern auf die Bedeutung der Landwirtschaft in Piding.
In den Auszugsbildern der beiden Seitenaltäre sind die Pestheiligen Sebastian und Rochus dargestellt, Malereien des frühen 20. Jahrhunderts. Auf beiden Seitenaltären sind barocke Reliquienbüsten aufgestellt, u.a. von den Salzburger Bistumsheiligen Rupert und Wolfgang.
Ebenfalls an der südlichen Wand hängt im hinteren Bereich der Kirche ein Gemälde des Malers F.G. Weibhauser von 1855, u.U. für diese Kirche geschaffen, jedoch im 20. Jh. in der Strailachkapelle und seit 2006 hier angebracht. Es zeigt die trauernde Mutter Maria mit dem vom Kreuz abgenommenen Jesus. Umgeben wird diese „Pieta“ von trauernden Frauen, Engeln, die die Leidenswerkzeuge zeigen und von Medaillons, die die 7 Schmerzen Marias darstellen. Dieses Bild vervollständigt die vielfältigen Motive in der Kirche, die das Leben der Kirchenpatronin Maria zeigen und die Verehrung, die sie durch das Volk erfährt, wiederspiegeln.
Die übrige Ausstattung der Kirche:
Im Altarraum ist ein moderner Altartisch für die dem Volk zugewendete Feier der Messe errichtet und ein Ambo zum Verlesen der Heiligen Schrift vom selben Künstler.
An der südlichen Wand des Altarraumes findet sich eine sehr gute barocke Figur des Hl. Joseph, des Mannes der heiligen Maria, vom Anfang des 18. Jahrhunderts, mit dem Jesusknaben am Arm und der Lilie – Symbol der Reinheit - in der Hand.
Das Taufbecken, im Altarraum links vorne, weist diese Kirche als Pfarrkirche aus: sie ist die Hauptkirche der Pfarrei, in der bei der Taufe Christen in die Pfarrgemeinde aufgenommen werden. Das Taufbecken stammt – obwohl die Kirche viel älter ist - erst von 1840, da wie erwähnt, bis ins 19. Jahrhundert hinein die 8 Kilometer entfernte Klosterkirche Höglwörth die zuständige Pfarr- und Taufkirche war.
Die Kanzel an der rechten Seitenwand - früher Ort der Verkündigung -, entstanden um 1760, wird auf dem Schalldeckel bekrönt von der Figur Christi als Guter Hirte – Symbol dafür, dass Jesus wie ein Hirte für jeden einzelnen Menschen sorgt.
Umlaufend an den Kirchenwänden sind die 12 Apostelleuchter umrahmt von Rokokostuck angebracht (vgl. Johannishögl).
An der Rückwand der Kirche hängt der schöne Rokoko-Kreuzweg – handkolorierte Kupferstiche des Augsburger Meisters Albrecht Schmidt.