St. Laurentius - Mauthausen
Filialkirche St. Laurentius - „Hilfe in der Not“
Geschichtliches:
Der alte Ortsteil Mauthausen liegt am Rande einer Geländeterrasse aus Flussschotter, einem nacheiszeitlichen Hochufer der Saalach. Hier steht auf einem Terrassenvorsprung das idyllische romanische Kirchlein, das dem hl. Laurentius geweiht ist.
1965 wurden nördlich der Kirche bajuwarische Reihengräber entdeckt, die aus dem 7. Jh. stammen. Vermutlich steht die heutige Kirche anstelle einer vorchristlichen Kultstätte. Im Zuge der Christianisierung des Gebietes durch den Hl. Rupert wird hier eine erste Holzkirche erbaut worden sein, der um 1200 der heute noch stehende Steinbau folgte. Der Ort Mauthausen lag an der Grenze zwischen dem Erzstift Salzburg und dem bayerischen Reichenhall. Er trägt seinen Namen von der einstigen Mautstelle an der Salzstraße Reichenhall?Teisendorf, die sich seit 908 im Besitz der Erzbischöfe von Salzburg befand. 1275 wurde erstmals die "Stauffenbrukke" erwähnt. Damals wurden durch den Vertrag von Ehrharting die Grenzen zwischen dem Fürstbistum Salzburg und dem Herzogtum Bayern festgelegt. Ende des 15. Jh. ging das Zollhaus in bayerischen Besitz über.
Baubeschreibung:
Die Mauthauser St.?Laurentius?Kirche ist ein einfacher romanischer Bau. Im Außenbau sind die romanischen Mauern mit großen Kalksteinquadern noch sichtbar, an der Süd? und Ostseite vermauerte romanische Rundbogenfenster. Ein schindelgedecktes Satteldach mit einem kleinen Dachreiter schließt die Kirche ab.
Im Inneren wurden um 1500 (Bauinschrift am Chorbogen) Gewölbe eingezogen und der Kirchenraum durch Wandpfeiler mit Runddiensten in eine Wandpfeilersaalkirche altbayerischen Typs verändert. Der Chor ist um 4 Stufen erhöht und gerade geschlossen, seine Wölbung ist nach Ausweis der Malereien Anfang des 15. Jh. eingezogen worden. Bei Grabungen unter dem Chor, 1949, ließ sich nicht feststellen, wodurch die auffällige Erhöhung des Chores, die sonst nur bei Unterkirchenanlagen üblich ist, bedingt wurde. Vielleicht finden sich unter dem Chor noch Reste einer vorchristlichen Kultstätte. Die Gewölberippen im Langhaus sind abgeschlagen, wurden jedoch bei der Restaurierung malerisch rekonstruiert.
„Hilfe in der Not“
Die Mauthauser Kirche spiegelt in ihrer Einfachheit und ihrer thematischen Ausgestaltung das harte Leben und die Not der Bevölkerung wieder: es wird berichtet von Überschwemmungen der Saalach, Seuchen und Feuersbrünsten und in den langen Wintermonaten lag und liegt Mauthausen beschattet durch den Rücken des Fuderheuberges beinahe ganztägig in Dunkelheit und Kälte.
Vor diesem Hintergrund kann man die Ausstattung der Kirche als Bitte um „Hilfe in der Not“ betrachten – der Glaube sollte Trost spenden und Hilfe bringen:
Der Hochaltar, eine hübsche Rokokoarbeit aus der Mitte des 18. Jahrhunderts zeigt in seiner Mitte den Kirchenpatron hl. Laurentius, dessen Festtag am 10. August begangen wird, eine spätgotische Figur des 16. Jahrhunderts. Bereits er verdeutlicht den thematischen Schwerpunkt der Ausstattung: Laurentius nahm sich in seinem Amt als Diakon im Rom des 3. Jahrhunder der Not der Armen an und half wo er konnte. Aufgrund seines Glaubens wurde er vom römischen Kaiser auf einem Rost bei lebendigem Leibe verbrannt. Er wird als großer Märtyrer verehrt; sein Name bedeutet „der mit Lorbeer geschmückte“. Laurentius ist somit Mitleidender und Helfender zugleich, er ist insbesondere Patron der Armen und aller, die mit Feuer bei der Arbeit zu tun haben, so der Feuerwehrleute und Köche.
Die beiden Seitenfiguren des Hochaltares sind ebenfalls heilige Märtyrer und Nothelfer:
Links der hl. Sebastian, ein Schutzheiliger - wie Laurentius eine Figur des 16. Jahrhunderts aus dem verloren gegangenen spätgotischen Altar der Kirche, der besonders bei Pest und Seuchen angerufen wird. Rechts der hl. Florian, eine Rokokofigur des 18. Jahrhunderts, der Helfer gegen Feuersnot.
Im Altarauszugsbild, d.h. als oberer Abschluss des Hochaltaraufbaus, ein Rokoko-Ölgemälde mit der Darstellung der Steinigung des Stephanus: Stephans erlitt als erster Christ den Tod für sein Glaubenszeugnis und gilt deshalb als erster christlicher Märtyrer. Untrennbar mit Stephanus verbunden ist der Ausspruch, den er nach Apostelgeschichte 7,56 vor seinem Tod gesprochen hat:
„Ich sehe den Himmel offen!“ Wie eine Sprechblase steht dies bildhaft über dem
Tun der Heiligen und als Hoffnung für das harte Leben der Menschen.
Auch die beiden den finanziellen Möglichkeiten entsprechend mit einfachen Materialien und doch formschön gestalteten Seitenaltäre lenken den Blick des Gläubigen auf das Thema Leid und Erlösung.
Der linke Seitenaltar (Foto) ist Maria geweiht. Er trägt einen Altaraufbau, das Plastik und Architektur in Malerei nachahmt und in seiner Farbigkeit an die Volkskunst (Bauernschränke) der Reichenhaller Gegend erinnert. Maria, die Mutter Jesu, kennt die Not der Menschen und bittet für sie bei Gott. Sie wird hier gleich in zwei Darstellungen um Fürbitte angerufen: dem Gemälde „Maria mit nacktem Jesuskind“ aus dem 18. Jh. und in einer Nachbildung der „schwarzen Madonna“ von Altötting aus dem 19. Jh., des berühmtesten Bayerischen Gnadenbildes. Die Wundertätigkeit dieser durch Kerzenruß geschwärzten Figur sollte auch die Kopie vor Ort weitergeben.
Der rechte Seitenaltar (Foto) ist ein Kreuzaltar. Der Altaraufbau enthält vor gemalten Rocailleornamenten und Architekturteilen ein Kruzifix aus der Mitte des 18. Jh. Das Kreuz ist für Christen Zeichen für Tod und Leben zugleich: Durch seinen gewaltlosen Tod am Kreuz hat Jesus Christus aus Liebe zu den Menschen Sünde und Tod für alle überwunden. Gerade im Leid kann es Kraft geben auf das Kreuz Christi zu schauen: „Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung“ (aus der Karfreitagsliturgie)
Das Leid Christi und seiner Mutter ist nochmals vor dem Altaraufbau Mitleid erregend dargestellt: in einem Vesperbild des 17. Jh.’s.
Bei der Renovierung von 1951 wurden an Gewölbe und Wänden der Kirche spätgotische Malereien entdeckt. Diese gehen im wesentlichen auf zwei Ausstattungsperioden zurück; aus der ersten, die um 1420 zu datieren ist, stammen Einzelbilder im Chor und am ersten Joch der Südwand (rechte Seite) des Langhauses, aus der zweiten, die vermutlich nach der Einwölbung um 1500 einsetzte, stammt die Reihe von Heiligenbildern an der Nordwand des Langhauses.
Bereits diese frühe Fresken-Ausstattung der Kirche behandelt in verschiedenen Spielarten das Thema „Hilfe in der Not“:
In beinahe lebensgroßen Figuren sind an der nördlichen Seitenwand die heiligen Nothelfer dargestellt, die Hilfe in verschiedenster Notlage zusagen. Die Verehrung der 14 Nothelfer (zwei Mal die heilige Zahl sieben) nahm in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts im Dominikanerkloster zu Regensburg seinen Anfang und breitete sich in dieser religiös aufgeladenen Zeit des Umbruchs rasch aus. Die Zusammenstellung der 14 Heiligen ist örtlich verschieden. In der Mauthauser Kirche ist die Zahl der Heiligen aus Symmetriegründen um einen auf 15 vermehrt wurden. Jeder einzelne Heilige wird durch eine Namensunterschrift bezeichnet. Die Gegenstände, die die Heiligen bei sich haben, ihre Attribute, erzählen von ihrem Wirken bzw. ihrem Leidenstod. Alle 15 Nothelfer sind als Erlöste gezeigt: als von Gott Wiedererweckte präsentieren sie mit gelösten Mienen ihre Marterwerkzeuge, auch die Heiligenscheine deuten ihr neues Leben bei Gott an. Sie sind somit für die Gläubigen lebendige Zeichen der Erlösung aus dem Leid und zudem durch ihre Fürsprache bei Gott Helfer in der Not.
Linker Bogen:
Die hl. Margareta aus Antiochia, dargestellt mit dem gebändigten Drachen, soll den Teufel mit dem Kreuzzeichen besiegt haben. Sie wurde 307 unter Diokletian enthauptet. Sie ist Kulturpatronin, ihr Tag, der 20. Juli, gilt den Bauern als Merk- und Lostag.
Die hl. Barbara wurde nach der Legende von ihrem Vater in den Turm eingesperrt, um sie vor Christen zu hüten. Durch einen Engel empfängt sie die heilige Kommunion. Sie wird daher mit Turm, Kelch und Hostie dargestellt. Vom Vater ausgeliefert wurde sie um 306 gefoltert und getötet. Sie gilt als Patronin der Bergleute, Gefangenen und Glöckner und wird als Helferin gegen plötzlichen Tod verehrt. Am 4. Dezember gibt es den Brauch, Barbarazweige ins Wasser zu stellen, die als Segen für das kommende Jahr gelten.
Die hl. Katharina von Alexandria (Fest 25. November) wurde unter Kaiser Maxentius um 306 enthauptet, nachdem sie als Gefangene 50 gegen sie aufgebotene Philosophen bekehrt hat und das Rad, mit dem sie gemartert werden sollte, zersprungen war. Sie ist Patronin der Philosophen und Hochschulen.
Der Volksmund sagt: „Die Margarete mit dem Wurm, die Barbara mit dem Turm und Katharina mit dem Radl, des sind die drei heiligen Madl“
St. Eustachius ist Patron der Jäger.
St. Vitus (Fest 15. Juni) ist Patron der Zünfte und Vereine. Nach der Legende wurde er vom eigenen Vater verfolgt und unter Kaiser Diokletian getötet. Er gilt als Helfer bei Naturkatastrophen und Augenleiden.
Mittlerer Bogen:
St. Pantaleon (Fest 27. Juli) wurde nach der Legende als Leibarzt des Kaisers Maximilian durch Aufnagelung seiner Hände auf den Kopf gemartert. Er gilt als Patron der Ärzte.
St. Christopherus (Fest 25. Juli) war nach der Legende ein Riese, der dem mächtigsten Herrscher dienen wollte. Er fand diesen im Jesuskind und merkte seine Bedeutung als er das Kind auf seinen Schultern durch den Fluss trug und er sein Gewicht kaum tragen konnte. Sein Bild findet sich im Mittelalter oft in kolossalen Darstellungen an Kirchenwänden. Der Anblick des Bildes soll vor plötzlichem, unvorbereitetem Tod bewahren.
St. Achatius (Fest 22. Juni) ist abgebildet mit einem Dornenzweig, mit dem er angeblich unter Kaiser Hadrian als Soldat gemartert und anschließend gekreuzigt wurde.
St. Georg (Fest 23. April) ist einer der beliebtesten Heiligen des Mittelalters. Er war römischer Offizier und starb unter Diokletian als Martyrer für seinen Glauben. Nach einer Legende aus dem 13. Jahrhundert besiegte er einen Drachen, der eine Stadt in Kleinasien bedrohte und dem als letzter Ausweg die Tochter des Königs geopfert werden sollte. Hier wird er in der Kleidung eines Ritterordens dargestellt. Der Volksheilige ist Patron der Waffenschmiede, Soldaten, Pilger, Jugendvereine und besonders der Bauern. Flurumritte und Bittgänge zu seinem Festtag sollen Segen bringen.
St. Dionysius (Fest 9. Oktober) ist der erste Bischof von Paris und wurde zum französischen Nationalheiligen. Nach der Legende wurde er mit sechs Gefährten von Rom nach Gallien gesandt und soll nach seiner Enthauptung seinen Kopf bis zu dem nach ihm benannten Saint-Denis.
Rechter Bogen:
St. Nikolaus (Fest 6. Dezember) war reicher Erbe und Bischof von Myra in der heutigen Türkei. Er wird wegen seiner Güte und Freigiebigkeit verehrt. Die drei goldenen Kugeln, die er in der Hand hält, schenkte er nach der Legende unbemerkt drei jungen Frauen und bewahrte sie so davor, dass ihr Vater sie aus Armut verkaufen musste. Um den heiligen Nikolaus rankt sich reiches Brauchtum: der gütige Bischof wird von düsteren Gestalten, in Piding und Umgebung „Krampei“ genannt, begleitet.
St. Erasmus (Fest 2. Juni) war Bischof von Asien und wurde unter Diokletian an verschiedenen Orten gemartert. Er starb 303 in Kampanien. Er wird mit Schiffstauwinde dargestellt und gilt als Patron der Schiffer und wird in Sturmnöten angerufen.
St. Blasius (Fest 3. Februar) war Bischof. Mit überkreuzten Kerzen wird an seinem Gedenktag der Blasiussegen erteilt, der vor Halskrankheiten schützen soll.
St. Ägidius (Fest 1. September) war Abt eines von ihm gegründeten Klosters bei dem später die nach ihm benannte Stadt St. Gillis entstand. Er wird dargestellt mit einer Hirschkuh und ist Patron der stillenden Mütter und des Viehs.
St. Leonhard (Fest 6. November) gilt als Patron der Gefangenen, Kranken und Wöchnerinnen und wird von den Bauern als Schutzherr der Pferde verehrt.
Im Chor an der Nordwand ein Freskenband mit drei Einzelmotiven. Die Figuren sind vor dunkelfarbige, rechteckige Felder, die mit helleren Farbstreifen umrahmt sind, gestellt:
Christus als „Schmerzensmann“ wird zugleich als Mitleidender und als Auferstandener gezeigt, der den Tod überwunden hat und die Gläubigen bei der Kommunion (Leib und Blut Christi) am Heil teilnehmen lässt.
Eine anrührend dargestellte Schutzmantelmadonna mit dem Jesuskind gewährt den notleidenden Menschen Schutz unter ihrem Mantel.
Im Osten, an der Stirnseite des Chores, links vom Hochaltar, befindet sich die Darstellung der Anbetung der Hl. Drei Könige, die in ihrem edlen Ausdruck Sinnbild der mittelalterlichen Herrschaftsordnung sind. Sie stimmen stilistisch mit den Fresken der Nordwand überein.
Zwei weitere Wandmalereifelder an der Südwand enthalten die Darstellung eines hl. Bischofs (Wolfgang oder Virgilius) und eines hl. Königs (Kaisers, Heinrich II.?). Der Erhaltungszustand dieser Malereien erlaubt keine exakte Datierung mehr. Am ehesten ist ein Datum um nach 1420 möglich.
Das Gewölbe des Chores enthält die Darstellung Christi als Weltenrichter zwischen den Symbolen der vier Evangelisten. Matthäus Mensch mit Flügeln als Symbol, wegen Stammbaum Jesu zu Beginn.
Besonders diese sind in hervorragendem Zustand erhalten; sie sind auf verschiedenfarbige Felder mit Sternen gesetzt und von reich geschwungenen Schriftbändern umgeben. Die Schlusssteine des Gewölbes enthalten die Wappen von Kloster Höglwörth und der Grafen von Plain, deren Geschlecht damals bereits seit über zwei Jahrhunderten ausgestorben war. Die Anbringung des Wappens macht die Annahme wahrscheinlich, dass sich unter dem Chor eine Grablege der Stifterfamilie befindet. Die Figur Christi im Mittelfeld des Gewölbes ist weniger gut erhalten. Von dem Mund Christi gehen eine Lilie und ein Schwert aus; diese symbolisieren den Richtspruch Christi über die Gerechten und Ungerechten.
Oberhalb des ersten Fensters der Südwand des Langhauses ein fragmentarisch erhaltenes Wandbild mit der seltenen Darstellung des Opfers von Kain und Abel.
Abel, der Gerechte wird von Kain mit der Keule aus Neid erschlagen. Wieder steht das Thema der Erlösung im Mittelpunkt: wer sich für Gott entscheidet wird erlöst werden, auch wenn sein Los in diesem Leben noch so hart sein mag.
Die Mauthauser Kirche zeigt, wie der Glaube den Menschen in ihrem harten Leben Trost und Kraft geben kann und wie die Gläubigen es verstanden, auch mit einfachen Mitteln formschön und ausdrucksvoll zu gestalten. Beispiele hierfür sind auch die hübsche Holzempore mit Datum 1661 und in Schablonen-Malerei nachgeahmten Intarsienarbeiten im Westen und das guterhaltene, schlichte Gestühl des 18. Jh., das zum stimmungsvollen Raumeindruck der Kirche beiträgt.